Camino Frances: Saint Jean Pied de Port - Burgos
Anreise nach Saint Jean Pied de Port
Nach sehr zeitigem Aufstehen werde ich um 3.20 Uhr von meinem ältesten Sohn nach Stuttgart gebracht. Da Terminal 4 geschlossen ist, darf ich in T 3 einchecken. Mitten in der Nacht stehen hier sehr lange Schlangen beim Sicherheitscheck. Mein Flieger steht pünktlich da, ist aber ziemlich klein. Da die für mich neue französische Gesellschaft H.O.P. wohl noch ziemlich unbekannt ist, hat sie wenig Kunden. So hat man kurzfristig beschlossen, ein kleineres Flugzeug zu nehmen. Einen Platz 03F gibt es nicht, da die ERJ 145 nur drei Plätze pro Reihe hat. Ich habe also freie Platzwahl und nehme 01A. Wir starten mit 25 Minuten Verspätung und landen dennoch pünktlich in Lyon. Um 8.00 gibt es endlich Frühstück. Ab 9.00 Uhr ist das Gebäudeteil 23 wie ausgestorben und ich darf noch bis 13.00 Uhr warten. Dann geht es endlich weiter. Der Landeanflug um 14.10 Uhr in Biarritz erfolgt bei strömenden Regen. Mit zwei deutschen Pilgern aus Münster nehme ich mir ein Taxi nach Bayonne, das erspart mir 20 Euro, da wir uns die 30 Euro brüder-/pilgerlich teilen. Auf den üblichen Bahnpreis erhalte ich den Seniorenrabatt und ohne Wartezeit geht es weiter nach Saint-Jean-Pied-de-Port. Dort komme ich gegen 16.30 Uhr bei immer noch strömendem Regen an. Ich wundere mich über die große Zahl von Pilgern, die mit im Zug sitzen, z.B. Sabine aus Bruchsal. Mit meinem Hotel klappt alles. Das Wetter ist sehr bescheiden, so gehe ich in die Albergue und frage nach der Route Napoleon. Dort sagt man mir, dass die Route wegen Schnee und Nebel gesperrt sei. So werde ich wohl am nächsten Tag, die Route über Valcarlos und den Ibaneta-Pass nehmen müssen. Nach einem Menü in meinem Hotel gehe ich früh zu Bett.
1. Etappe: Saint Jean Pied de Port - Roncesvalles (24,8 km)
Um 6.00 bin ich wieder echter Pilger und ziehe los. Im Moment regnet es nicht; das wird sich im Laufe des Tages regelmäßig ändern. Bereits um 8.30 Uhr erreiche ich die Grenze nach Spanien und fühle mich wegen meiner nicht vorhandenen Französisch-Kenntnisse wieder wohler. Ohne Schild hätte ich den Grenzübertritt nie bemerkt. Ich bin aber immer noch im Baskenland. In Valcarlos gießt es in Strömen, aber es gibt eine offene Bar. Hier sitzen schon Pilger aus aller Herren Länder, die bereits gestern nach Orisson aufgebrochen waren. Sie wurden heute mit dem Auto nach Valcarlos gebracht. Auf der Route Napoleon muss es ziemlich heftig zugehen. Wir müssen heute also alle über den Ibaneta-Pass. Wenn das Wetter nicht so furchtbar wäre, hätte ich heute ganz tolle Ausblicke. Ich erreiche in relativ gutem Zustand den Ibaneta-Pass mit seiner kleinen Kapelle. Auch dort sind noch Schneereste. Es ist so bitterkalt, dass ich relativ schnell weiterziehe. Gegen 14.00 Uhr erreiche ich das sagenumwobene Roncesvalles. Für den ersten Tag ist das ausreichend. Ich gehe ins Hotel. Am späten Nachmittag erfolgt ein erster Rundgang durch das Dorf. Um 18.00 Uhr ist Pilgermesse in verschiedenen Sprachen. Iain aus Melbourne darf eine Lesung auf englisch lesen. Wir werden in den nächsten Tagen oft zusammen marschieren. Nach der Messe ist der berühmte Pilgersegen ebenfalls in diversen Sprachen. Danach gibt es ein schönes Menu del Peregrino im Hotel mit Hein aus Holland und Jonny plus Familie aus England.
2. Etappe: Roncesvalles - Zubiri (21,8 km)
Mein Aufbruch erfolgt wie meist gegen 6.00 Uhr und wie üblich ohne Frühstück. Es ist ziemlich kalt. Nach etwa einer Stunde erreiche ich Burguette, wo die erste Bar auch tatsächlich geöffnet hat. Hier gibt es nun ein Frühstück. Dann geht es weiter. Im Dorf muss man aufpassen, da der Weg nach rechts abbiegt. Einige Pilger übersehen dass, bemerken ihren Fehler dann aber recht schnell. Das Wetter ist deutlich besser geworden. Nur die naturbelassenen Wege stehen teilweise noch unter Wasser. Zora aus Tschechien holt mich trotz 14-kg-Rucksack ein. Sie ist unglaublich schnell. Bis Zubiri gehen wir zusammen, wo ich in einer kleinen Pension gleich am Ortseingang an der Brücke mein Quartier beziehe. Zora zieht tapfer weiter. Nach Duschen und Siesta gehe ich ins Dorf und treffe viele bekannte und auch bisher unbekannte Pilger wieder. Ein kleiner Laden hat auf und ich kann mich mit ein paar Lebensmitteln eindecken. Am Abend gehe ich in eine Bar und treffe dort Peter aus Münster und einige Amerikaner zum Abendessen. Das komplette Menü kostet 10 Euro. Wir werden aber ganz schnell aufgefordert zu zahlen, weil die nächsten Gäste vor der Tür stehen.
3. Etappe: Zubiri - Pamplona (20,9 km)
Heute geht es um 5.45 Uhr etwas früher los als sonst. Eine Taschenlampe ist nicht notwendig. Es geht gerade auch ohne. Es regnet im Moment nicht, ist aber sehr kalt. Relativ bald bin ich in Iroz, wo eine Pilgerbar auch bereits geöffnet hat. Ich gönne mir eine lauwarme Tortilla und einen Cafe con Leche. Auch wenn es ständig bergauf und bergab geht, so ist der Weg doch meistens angenehm zu gehen. Einige Stellen sind vermatscht, aber es geht. Heute laufe ich eine größere Strecke mit einem jungen Pilger aus Amsterdam. Er ist recht schnell. Kurz vor Pamplona hole ich Sabine ein, die gestern noch bis Larasoana gegangen ist. In Pamplona biegt sie zum Casa Paderborn ab, ich ziehe weiter in die Altstadt. Im Hostal Dom Luis finde ich eine günstige Unterkunft. Nach der üblichen Körper- und Kleiderpflege und einer kleinen Siesta gehe ich in die Kathedrale. Eine intensive Besichtigung - z.B. Mausolea real, Claustro, Refectorio - lohnt auf jeden Fall. Danach gönne ich mir ein Menu del Dia. Seit ich in Pamplona bin, regnet es wieder ohne Pause. Der Versuch San Firmin und San Nicolas zu besuchen scheitert kläglich vor verschlossenen Türen. Dafür decke ich mich dann in einem kleinen Supermercado für den nächsten Tag mit Lebensmitteln ein.
4. Etappe: Pamplona - Puente la Reina (28,9 km)
Petrus meint es gut mit mir. Als ich das Dom Luis verlasse, hört es gerade auf zu regnen. Ich finde gut zum offiziellen Camino zurück. Beim Fotografieren verpasse ich aber eine Abzweigung und biege falsch ab. Ich gehe also in der Avenida de Bayona bis zur Kreuzung Avenida de Sancho el Fuerte, biege dort links ab, geradeuas weiter bis zur Fuente del Hierro und bin wieder richtig. Nach Cizur Menor finde ich dann problemlos. In Zariquigui finde ich die erste Bar, die geöffnet hat. Ob ich dort willkommen bin, ist mir nicht ganz klar. Jedenfalls werde ich irgendwann bedient und bekomme einen Cafe con Leche. Dann geht es mit einer Pilgerschar aus dem Bayerischen Wald weiter. Ihr Begleitbus hat sie gerade vor der Kirche abgesetzt und sie dürfen zum Monte Perdon pilgern. Die Gruppe habe ich gestern schon in Pamplona vor der Stierkampfarena gesehen. Einen großen Teil des Aufstiegs zum Pass lege ich mit drei Pilgerinnen aus Südfrankreich zurück. Sie sind ungefähr in meinem Alter und gehen jedes Jahr eine Woche zusammen pilgern. Dieses Jahr wollen sie bis Logrono kommen. Oben angekommen treffe ich wieder einmal Zora, die heute von Carlos aus Barcelona begleitet wird. Im Abstieg treffe ich Christa aus Neuseeland. Wir gehen bis zur Herberge in Uterga und genehmigen uns dort ein zweites Frühstück. Bis zum nächsten Dorf ziehen wir gemeinsam weiter. Ich mache dann den kleinen Umweg nach Santa Maria de Eunate. Den meisten Pilger sind diese zusätzlichen drei Kilometer zuviel. Wer schon einmal in Eunate war weiß, dass sich der Umweg lohnt. In Eunate angekommen, stelle ich sehr schnell fest, dass die Kapelle geöffnet ist. Es findet sogar ein deutscher Pilgergottesdienst statt. Es ist die Gruppe aus dem Bayerischen Wald. Sie fahren anschließend nach Logrono weiter. Ich ziehe zu Fuß über Obanos nach Puente la Reina weiter. Dort beziehe ich ein Hostal. Nach dem üblichen Ritual schaue ich mir den Ort an und treffe dort viele Bekannte wieder. Die Santiagokirche ist offen.
5. Etappe: Puente la Reina - Estella (23,7 km)
Ich verlasse um 6.00 Uhr mein gastliches Hostal. Der Weg ist gut gekennzeichnet. In Maneru verlässt Andreas aus Gera die Herberge. Bis Estella pilgern wir zusammen. In Cirauqui darrf man sich unter einem Torbogen selbst sein Credencial stempeln. In Lorca gehen wir auf einen Cafe con Leche in die linke der beiden Herbergen. Die rechte ist gut besucht. In der linken ist nichts los. Warum wissen wir nicht. Es ist alles bestens, sehr gepflegt, wir werden freundlichst bedient. Weiter geht es auf und ab über Villatuerta nach Estella. Andreas überlegt noch nach einer Mittagspause weiterzugehen. Ich besorge mir mit Hilfe der Touristinfo ein Zimmer. Mit Andreas verabrede ich mich noch für einen weiteren Cafe con Leche bei San Pedro, was auch gut klappt. Nach reiflicher Überlegung hat Andreas dann auch beschlossen, sich die nächsten 8 km erst am nächsten Tag anzutun. San Pedro mit Kreuzgang ist sehr schön. Mir haben es in der Kirche die Glasfenster und im Kreuzgang die Säulen angetan. Da die Kirche am Berg liegt, haben die Stadtväter für müde Pilger sogar einen gläsernen Aufzug zum Kreuzgang gebaut. Ob das sein muss?
6. Etappe: Estella -Los Arcos (22,7 km)
Wie immer starte ich ganz früh. Die Tankstelle am Ortsende von Estella ist noch geschlossen, also gibt es auch kein Frühstück. Der Weg ist leicht zu finden. Es ist bitterkalt und es regnet fast die ganze Zeit. Bald erreiche ich das Kloster Irache mit seinem tollen Weinbrunnen. Für einen Schluck Wein ist es für mich definitiv zu früh und auch zu kalt. Also ziehe ich mit zwei Amerikanern, die auch schon unterwegs sind, weiter. Auch die Bar in Azqueta ist noch geschlossen. Am Maurenbrunnen überlege ich, ob ich mich nicht wegen des Regens unterstellen solle. Es macht aber keinen Sinn. Es wird wohl nicht aufhören zu regnen, also weiter. In Villamayor de Monjardin hat endlich eine Bar geöffnet. Mein Desayuno besteht aus einem Cafe con Leche mit einer Tortilla und zwei Bananen. Dann kommt die Rennstrecke (nach R. Joos) nach Los Arcos. Ich nehme seinen Ratschlag sehr ernst und schaue ab und zu nach meinen Füßen und gehe bewusst langsam. Alles im grünen Bereich! Wenn es nicht andauernd regnen würde, könnte ich die Landschaft sicher genießen. Um die Mittagszeit erreiche ich Los Arcos und bekomme nach einigem Suchem in der Pension Mavi ein Zimmer. Nach der Siesta treffe ich Hein wieder. Er erzählt mir von seinem Projekt einer Pilgerbefragung in verschiedenen Sprachen. Für Deutsch hat er mich ausgesucht. Mein Hausherr hat mir für 18.30 Uhr ein Abendessen in seinem Restaurant versprochen. Zu diesem Zeitpunkt war leider geschlossen. Ich gehe in eine Bar und bekomme dort ein Menu del Dia: Ensalata Mixta, Huevos y Jamon con Patatas fritas, Jogurt, Vino tinto (11€). Um 20.00 Uhr ist in Santa Maria Pilgermesse mit Pilgersegen in verschiedenen Sprachen. Hier treffe ich Jürgen wieder, der mir außerhalb der Kirche einen Jesus zeigt, der sein Haupt auf die falsche Seite neigt. Das ist mir bisher nicht aufgefallen, ich werde in Zukunft darauf achten.
7. Etappe: Los Arcos -Logrono (29,0 km)
Ich erinnere mich beim zeitigen Aufbruch, dass ich am Ortsende von Los Arcos das Friedhofstor anschauen muss und finde dort die mir bekannte Inschrift:
Ich war, was du bist, und du wirst sein, was ich bin.
Das Wetter ist wie gestern sehr durchwachsen. Gegen die Kälte habe ich wieder Regenhosen und -jacke an. Zum Schutz der Fotoausrüstung auch noch den Poncho. Sansol durchquere ich wegen einer fehlenden Einkehrmöglichkeit recht schnell. In Torres dell Rio kann ich in der Albergue ein kleines Frühstück zu mir nehmen. Leider ist Santo Sepulcro noch geschlossen. Also ziehe ich weiter bis Viana. Dort will ich entscheiden, ob ich mir heute eine etwas längere Etappe antue. Der Weg ist durch beständiges Auf und Ab ziemlich anspruchsvoll, aber in Viana angekommen bin ich noch ziemlich fit. Ein kurzer Besuch bei Cesare Borgia, der Kirche Santa Maria und einer Bar mit einem fürchterlichen Servicio (kein Papier, kein Deckel) und ich pilgere weiter in Richtung Logrono. Der Weg wurde offensichtlich in den letzten Jahren vom See wegverlegt. Er ist aber gut ausgeschildert und auch gut zu gehen. Wie erwartet sitzt Dona Maria an ihrem Tisch. Hier saß 30 Jahre ihre Mutter, die ich 1999 kennenlernen durfte. Ich ziehe weiter nach Logrono, wo es am Samstag nicht ganz einfach ist, eine Unterkunft zu bekommen. Ich gehe in ein Hotel, wo ich am Nachmittag feststellen kann, dass auch Zora, Iain und Carlos untergekommen sind. Die Herbergen sind sehr früh voll. Was wird hier erst im Sommer los sein? Nach der Siesta mache ich mich auf den Weg und treffe Christa und Joachim. Mein heutiges Abendessen besteht aus einem Hotdog mit Pommes und einer Cola. In einem Supermarkt kaufe ich noch eine Kleinigkeit für den Sonntag.
8. Etappe: Logrono - Najera (33,0 km)
Um 6.00 treffen wir uns an der Rezeption, um uns von Carlos zu verabschieden. Er muss zur Arbeit nach Barcelona zurück. Zora, Iain und ich ziehen weiter. Die beiden sind superschnell, machen aber mehr Pausen als ich. So gehe ich ab dem Stausee alleine weiter. In Navarette mache ich in einer Bar mit Jimi Hendrix, Janis Joplin und vielen alten E-Gitarren Frühstückspause. Lautstark unterhält mich auch noch ein Graupapagei. In unterschiedlicher Begleitung pilgere ich weiter nach Ventosa, wo ich in einer Bar Johanna wiedertreffe. Ihr geht es wieder gut. Ich pilgere ohne Rast weiter nach Najera. Unterwegs treffe ich Christa und Joachim wieder. Auch in Najera finde ich nach einigem Suchen ein kleines Hostal. Pilger, die heute zu spät kommen, bekommen in ganz Najera kein Bett mehr. Sie werden mit dem Auto ins nächste Dorf gebracht und sollen morgen früh wieder zurückgefahren werden. Am Nachmittag ist wieder großer Pilgertreff angesagt. Nur Zora hat Lust, mit ins Monasteiro zu gehen. Eigentlich sollte dies ein absolutes Muss für Pilger sein. Am späten Nachmittag fängt es wieder an zu regnen.
9. Etappe: Najera - Santo Domingo de la Calzada (21,6 km)
Am frühen Morgen verlässt ein junger Ire aus Dublin mit mir das Hostal. Durch Najera gehen wir zusammen. Dann ist er sehr schnell vor mir im Regen verschwunden. Trotz des strömenden Regens komme ich gut voran. In Azofra kehre ich im El Descano del Peregrino zu einem kleinen Frühstück ein. Es schüttet weiterhin in Strömen, aber ich muss weiter. Bis Ciruena kommt eine wahre Schlammschlacht auf uns Pilger zu. Florian aus der Gegend um Köln holt mich ein. Ein Radpilger bleibt im Schlamm stecken; zwei Fußpilger helfen ihm sein Rad wieder schiebbar zu machen. Bis Santo Domingo de la Calzade wird das Wetter etwas besser, dann hört es sogar auf zu regnen. Ich beziehe ein kleines Zimmer und mache mich nach der üblichen Siesta auf den Weg Richhtung Kathedrale. Eintrittskarten muss man in einem Souvenirgeschäft gegenüber kaufen. Ich betrete also die Kathedrale und der Hahn fängt in seinem Käfig an zu toben. Es reicht für ein paar Bilder und sogar für einen kurzen Film. Santo Domingo besuche ich selbstverständlich auch in seiner Gruft. Schließlich hat er für die Pilger sehr viel getan. Den freistehenden Kirchturm besteige ich dann auch noch und werde mit einer tollen Aussicht belohnt. Im Laufe des Nachmittags treffe ich dann die meisten Pilgerfreunde wieder.
10. Etappe: Santo Domingo de la Calzada - Belorado (24,0 km)
Wie üblich verlasse ich früh meine Unterkunft und treffe wie gestern sofort auf den jungen Iren. Für mich ist er viel zu schnell. Da er mehr Pausen macht als ich, treffen wir uns regelmäßig wieder. Beim Aufbruch in Santo Domingo de la Calzada gießt es in Strömen und es ist wie in den letzten Tagen recht kalt. In Granon ist wie zu erwarten noch alles geschlossen. In Redecilla del Camino sitzen der Ire und drei Ladies aus Deutschland. Die Damen überlegen, ob sie heute überhaupt aufbrechen sollen und falls ja, wie weit sie denn pilgern wollen. Da mein Urlaub endlich ist, habe ich dieses Problem nicht. Ich muss ohne zu überlegen weiter. Die Damen können irgendwie auch nicht glauben, dass ich heute morgen in Santo Domingo de la Calzada gestartet bin. Die Einkehr in Redecilla del Camino soll heute meine einzige bleiben. Nach und nach bevölkern immer mehr Pilger den Camino. Die meisten sind in Granon oder später gestartet. Ich ziehe weiter nach Viloria. Auf dem Weg dorthin haben alle Peregrinos wieder eine Schlammschlacht zu überstehen. Teilweise kann man auf den Seitenstreifen der N-120 ausweichen. Weiter geht es nach Villamayor und dann sehr lange an der N-120 entlang. Ich komme zwar früh in Belorado an, aber die Zimmersuche gestaltet sich nicht einfach. Wie vor etwa zehn Jahren finde ich nach einigen Absagen am Ortsende in einem Hostal eine Unterkunft. Nach der Kleider- und Körperpflege gönne ich mir einen Cafe con Leche und gehe am Nachmittag nochmals in den Ort zurück, wo ich Joachim treffe. Auch Florian ist in Belorado angekommen. Franco aus Bürstadt, den ich gestern kennenlernte, ist auch in meinem Hostal untergekommen. Auf meine Bitte hin ruft der Chef des Hauses in Agés an und bucht für mich in einer Pension ein kleines Zimmer. Ich habe meine Zweifel, ob das klappt. Ich habe nur keine Lust, morgen deutlich mehr als 30 km zu gehen. Beim Abendessen sind noch Jill und Steve aus den USA und Christine mit Freundin aus Frankreich. Jill (Mitte 50) und Steve (Anfang 70) sind Bodybuilder. Die beiden Französinnen und ich können es kaum glauben, bis wir Fotos der beiden in Wettkampfausrüstung sehen. Es ist toll, wen man alles auf dem Camino kennenlernt. Der Abend ist nicht nur wegen des Themas Bodybuilding recht interessant.
11. Etappe: Belorado - Agés (28,0 km)
Ich wache spät auf und starte erst gegen 6.10 Uhr. Im Moment regnet es nicht. Vor Tosantos überholen mich wie so oft Zora und Iain. Es ist für mich in diesem Jahr ein ungewohntes Gefühl ohne Poncho zu pilgern. In Villambista kehre ich zu einem Cafe von Leche ein und treffe die beiden wieder. Wir verabreden uns für morgen 18.00 Uhr in Burgos vor der Kathedrale zum Abschiedsessen. Bis Villafranca Montes de Oca nimmt der Wind beständig zu und ich glaube, dass es auch immer kälter wird. Hier treffe ich wieder Florian, Franco und seinen italienischen Pilgerfreund. Ich kaufe in einer Bar noch eine Kleinigkeit zur Stärkung für den Aufstieg in die Gänseberge. Die Kirche in Villafranca ist leider geschlossen. So komme ich nicht in den Genuss der Taufmuschel. Im Aufstieg fängt es dann auch noch an zu schneiden. Der Spuk hört aber sehr schnell wieder auf. Da oben ist es aber bitterkalt. Dennoch lege ich - trotz Schlamm - die 12,5 km bis San Juan de Ortega besser und schneller zurück als befürchtet. Aber irgendetwas stimmt nicht mit meiner rechten Ferse. Dummerweise gibt es wegen des Schlammes keine Möglichkeit meinen Schuh auszuziehen. In San Juan de Ortega stelle ich dann fest, dass sich mein Schuh innen aufgelöst hat. Nach dem Besuch beim hl. Juan ziehe ich weiter. Kurzzeitig regnet es wieder. In Agés angekommen, kann sich die Besitzerin nicht an eine Zimmerreservierung erinnern. Ein derartiges Geschäftsgebahren habe ich auch von anderen Pilgern gehört. Ich gehe also in eine der Herbergen und bekomme, obwohl ich recht früh das Tagesziel erreicht habe, eines der letzten Betten. In Agés gibt es ein ganz kleines Kirchlein, in dem ich wohl der einzige Pilger an diesem Tag bin. Manche Peregrinos ziehen weiter nach Atapuerca. Sabine und Joachim treffe ich später ebenfalls in Agés, so wie auch Zora und Iain. Sabine und Joachim geben mir als ganz heißen Tipp die kleine Bar am Ortseingang. Hier finde ich ein uraltes Gemäuer mit viel Flair. Ich bestelle mir einen frisch zubereiteten Obstsalat. Die Chefin entschuldigt sich noch, dass das etwas dauert! Mit vielen bekannten und unbekannten Pilgern gibt es in der städtischen Herberge ein schönes Abendessen.
12. Etappe: Argés - Burgos (23,3 km)
Mein letzter Pilgertag bricht wie fast immer in den letzten Tagen damit an, dass ich meinen Regenponcho anziehen muss. Kurz nach dem Start holt mich Ross mit seiner Frau ein. Die beiden kommen aus Sidney, interessieren sich sehr für das deutsche Schulsystem und können nicht glauben, dass bei uns nicht jeder Schüler ein iPad oder Ähnliches von der Schule gestellt bekommt. Bis Atapuerca gehen wir gemeinsam, dann lasse ich sie beim Anstieg auf den letzten Berg ziehen. Der Anstieg fällt mir relativ leicht. Oben angekommen liegt Burgos vor mir. Es sieht so unglaublich nahe aus. Eine GPS-Messung ergibt, dass es doch noch 14,3 km Luftlinie sind. Nach dem Abstieg kehre ich in Cardenuela de Riopico ein, wo ich Ross mit seiner Frau wiedertreffe. Kurz danach kommen auch Zora und Iain. Nun ziehe ich mit diesen beiden weiter. Nach gut 3 km kommt die Entscheidung: Entweder den kürzeren Weg, aber alles Straße, oder den längeren Weg, aber landschaftlich schöner. Wir sind uns nicht einig. Iain möchte liebber den kürzeren Weg gehen, Zora und ich lieber den schöneren. Iain nimmt uns unbewusst die Entscheidung ab. Er hat seinen Pilgerfgührer mit seinen privaten Aufzeichnungen in der letzten Bar vergessen. Wir beraten, was wir machen sollen. Sollen wir Ross anrufen und fragen? Da kommen zwei junge Pilger und winken mit einem Buch. Iain ist so glücklich, dass er spontan beschließt doch mit uns den längeren Weg zu gehen.
Wir biegen also nach der Autobahnbrücke links ab, erreichen bald den Flughafen von Burgos und wundern uns, kein einziges Flugzeug zu sehen. Da die Beschreibung von R. Joos - wie immer - ausgezeichnet ist, haben wir kein Problem den Fluss zu finden. Hier ist es wesentlich angenehmer nach Burgos zu pilgern als direkt an der Nationalstraße zu laufen. Zora und Iain verabschieden sich an einer Brücke, um ihre Unterkunft zu suchen. Ich ziehe am Fluss weiter. Ich nehme eine Alternative zu dem vorgeschlagenen Weg. Ich bleibe nämlich auf der linken autofreien Flussseite. Wer will kann hier solange weitergehen, bis er auf der anderen Flussseite das Marientor sieht. Dann ist man praktisch auch schon an der Kathedrale.
Ich finde relativ schnell mein vorgebuchtes Hotel. Auswahlkriterium war die Nähe zum Busbahnhof. Nach der Wäsche- und Körperpflege, beginne ich mit meinem touristischen Burgos-Programm. Für die Besichtigung der Kathedrale nehme ich mir ausreichend Zeit. Obwohl ich nicht zum ersten Mal in Burgos bin, fallen mir heute die vielen Buntglasfenster besonders auf.
Wir biegen also nach der Autobahnbrücke links ab, erreichen bald den Flughafen von Burgos und wundern uns, kein einziges Flugzeug zu sehen. Da die Beschreibung von R. Joos - wie immer - ausgezeichnet ist, haben wir kein Problem den Fluss zu finden. Hier ist es wesentlich angenehmer nach Burgos zu pilgern als direkt an der Nationalstraße zu laufen. Zora und Iain verabschieden sich an einer Brücke, um ihre Unterkunft zu suchen. Ich ziehe am Fluss weiter. Ich nehme eine Alternative zu dem vorgeschlagenen Weg. Ich bleibe nämlich auf der linken autofreien Flussseite. Wer will kann hier solange weitergehen, bis er auf der anderen Flussseite das Marientor sieht. Dann ist man praktisch auch schon an der Kathedrale.
Ich finde relativ schnell mein vorgebuchtes Hotel. Auswahlkriterium war die Nähe zum Busbahnhof. Nach der Wäsche- und Körperpflege, beginne ich mit meinem touristischen Burgos-Programm. Für die Besichtigung der Kathedrale nehme ich mir ausreichend Zeit. Obwohl ich nicht zum ersten Mal in Burgos bin, fallen mir heute die vielen Buntglasfenster besonders auf.