Caminho Portugues
Anreise aus Deutschland
Die Anreise aus dem Großraum Frankfurt nach Porto ist seit geraumer Zeit problemlos möglich. Ich bin ganz früh morgens mit Ryanair nach Porto geflogen und hatte dort noch einen ganzen Tag zur Stadtbesichtigung zur Verfügung Dafür hatte ich eigentlich zwei Tage eingeplant.
1. Tag: Porto - Maia
Beim genaueren Studium des hervorragenden Führers von Raimund Joos habe ich dann beschlossen, ohne Gepäck nach Maia zu laufen und von dort mit der Metro wieder nach Porto zurückzufahren. Ich wollte die ganze Strecke laufen und nicht gleich in Porto die ersten Kilometer mogeln. Im Büro der Associa dos Amigos do Caminho rät man mir dringend von meinem Vorhaben ab: You see only cars, cars and cars! Ich bin trotzdem gelaufen. Kurz vor Maia musste ich dann eine Schnellstraße in einer unübersichtlichen Kurve überqueren. Zu allem Überfluss ist in der Mitte noch eine Leitplanke angebracht. Ich war happy, hier ohne Rucksack klettern zu dürfen. Mir ist schleierhaft, wie man hier mit dem Fahrrad über die Straße kommt.
2. Tag: Maia - Rates
An meinem zweiten Tag hatte ich also statt der im Führer vorgesehenen 35 km nur etwa 23 km zu gehen. Da die Ponte do Arve immer noch teilweise abgestürzt ist, muss man einen kleinen Umweg auf der Nationalstraße zurücklegen. Bei gut 30 Grad komme ich trotzdem wohlbehalten in der Herberge in Rates (siehe Foto) an und bin mit einem Kanadier alleine hier. Bisher waren im ganzen Jahr 2006 111 Pilger vor mir hier, davon etwa 30 Deutsche. Die Herberge in Rates hat einen wunderschönen zweifarbigen Stempel!
3. Tag. Rates - Barcelos
Zu Beginn der nur etwa 17 km langen Etappe bin ich auf sehr schönen Wegen unterwegs. Die Höhenunterschiede halten sich in Grenzen. Es ist nur recht warm. Später geht es wieder auf Straßen. Ganz kurz vor Barcelos geht es ein Stück weit an einem Autobahnzubringer entlang. Das macht nicht unbedingt Spaß. Barcelos ist für hiesige Verhältnisse recht groß. In der Residencial Arantes bekomme ich günstig ein Zimmer. Abgesehen von den Ameisen ist das Zimmer in Ordnung.
4. Tag: Barcelos - Ponte de Lima
Die Königsetappe auf dem caminho portugues. Ich beschließe die ca. 35 km zu splitten und mir unterwegs eine Unterkunft zu suchen. Nach dem Outdoor-Führer müsste es unterwegs zwei Hotels geben. Nicht gerade billig, aber für gestresste Füße besser als durchlaufen. Mein irischer Freund Arthur sagt: ich laufe durch. Nach ca. 20 km: Erstes Hotel geschlossen. Nach ca. 25 km: Zweites Hotel geschlossen. Nach ca. 27 km bei glühender Mittagshitze Siesta in einer Bushaltestelle. Nach dem Mittagschlaf geht es bei mir gut weiter. Nach ca 10 Stunden ist das Etappenziel Ponte de Lima erreicht.
5. Tag: Ponte de Lima - San Roque (Rubiaes)
Wieder liegt eine relativ kurze Etappe mit etwa 18 km vor mir. Allerdings sind heute einige Höhenmeter zu überwinden. Unterwegs treffe ich Colleen, Dinah, Purah und Sue aus Australien. Wir werden uns in den nächsten Tagen regelmäßig über den Weg laufen, wie auch Arthur, Ciaran und Paddy aus Irland, und uns prächtig verstehen. Spannend ist die Überquerung einer Fußgängerbrücke unter einer Autobahnbrücke. Die Fußgängerbrücke ist nämlich auf einer Seite ziemlich weit abgesackt. Ich bin heilfroh, dass ich hier zu Fuß und nicht mit dem Rad unterwegs bin. Da ich nicht weiß, ob die neue Herberge in Rubiaes schon offen ist, übernachte ich in San Roque. Am nächsten Morgen sehe ich, dass ich noch etwa einen Kilometer hätte weiterlaufen sollen und dann in einer nagelneuen Herberge hätte übernachten dürfen.
6. Tag: San Roque (Rubiaes) - Tui
Etwa 1 km hinter San Roque ist die funkelnagelneue Herberge: Albergue de Peregrinos de Sao Pedro de Rubiaes. Es geht kurz abwärts ins Tal des Rio Coura und dann einige Meter aufwärts nach Sao Bento da Porta Aberta. Zwischenzeitlich ist der Weg völlig überflutet. Nach Aussage des Direktors der Albergue in Rates sollte eigentlich alles trocken sein. Mir ist völlig schleierhaft, woher das ganze Wasser kommt. Es hat seit Wochen nicht geregnet. Was ist hier erst los, wenn es einige Tage geregnet hat? Vor lauter Begeisterung in Valenca angekommen zu sein, verpasse ich die Herberge. In der mittelalterlichen Stadt will man 84,- € für eine Übernachtung; das ist nun doch zu viel und ich verlasse über die internationale Brücke Portugal und betrete in Tui galicischen Boden. Hier bekomme ich in der Bar Scala für 15,- € ein Zimmer.
7. Tag: Tui - O Porrino
31 km nach Pontevedra sind mir bei der Hitze zuviel und ich beschließe ganz früh am Morgen nur bis O Porrino zu laufen. Zu Beginn ist die Landschaft ausgesprochen schön. Später macht es keinen Spaß, ewig durch ein Vorortindustriegebiet an einer vielbefahrenen Straße im Straßengraben zu laufen. An einer T-förmigen kommt mir ein Bekannter entgegen. Ciaran: Nice to see you. I've lost the way! Ist mir irgendwie schleierhaft. Wir laufen zu zweit weiter. In Porrino gehe ich alleine in die Herberge und bin recht lange alleine. Am späten Nachmittag kommt Jose Garcia aus Zamorra. Wir sind die einzigen Pilger, die über Nacht hier bleiben. Die Herberge ist groß, sauber, liegt aber 20 m neben der Autobahn. Es ist unglaublich laut. Ich schlafe sehr schlecht und gehe am nächsten Morgen recht früh weg.
8. Tag: O Porrino - Redondela - Arcade
Die ersten 5 km bis Mos verlaufen mehr oder weniger in der Nähe der N 550. Bis Redondela wird es nicht besser. Hier könnte ich in der Herberge bleiben, kann aber mein Bett nicht belegen, weil man mich nicht in den Schlafsaal lässt und auch meinen Rucksack möchte ich nicht unbeaufsichtigt lassen. Also gehe ich auf die Suche nach einem kleinen Hotel. Die Infos im Rathaus und in der Tourist-Information sind unbrauchbar, also laufe ich weiter. Es sind ja nur knapp 8 km bis Arcade. Die letzten km sind bei der Hitze recht hart, dafür aber, da fast ausschließlich im Wald verlaufend, sehr schön. In Arcade bekomme ich tatsächlich ein Zimmer. Am späten Nachmittag gehe ich noch an den ca. 2 km entfernten Hafen, um wenigstens einmal am Meer gewesen zu sein.
9. Tag: Arcade - Pontevedra
Ohne Frühstück geht es los. Unterwegs treffe ich wieder Jose Garcia, der mir klar macht: Bis bald in der Bar in Pontesampaio! Leider hat die Bar noch nicht auf. Nun wird es teilweise brutal steil. Ich lege mich mal wieder mit einem Hund an. Er sieht glücklicherweise bald ein, dass er gegen zwei Teleskopstöcke keine Chance hat und verschwindet. Warum müssen hier so viele Hunde an die ganz kurze Kette gelegt werden? Ich habe das Gefühl, dass man sie dann freilässt, wenn sie völlig versaut sind. Der Weg wird durch ein sehr langes Waldstück zwar beschwerlich, ist aber wunderschön und leider wieder auch teilweise überschwemmt. Da ich nicht an einem Wochenende in Padron ankommen will, genehmige ich mir eine ganz kurze Etappe bis Pontevedra. Das galicische Fernsehen meldet abends 40 Grad. So heiß kam es mir aber nicht vor.
10. Tag: Pontevedra - Caldas de Reis
Pfingstsonntag 2006: Wie üblich breche ich ziemlich früh auf. Die Etappe wird etwa mittellang (ca. 24 km) und relativ flach. Nach zum Teil landschaftlich sehr schönen Abschnitten komme ich sehr früh in Caldas de Reis an und lande mitten in einem Fahrradrennen. Ich kann irgendwie die Zuschauer nicht verstehen, die wer weiß wie lange bei brütender Hitze ausharren, um dann für drei Sekunden eine vorbeirasende Horde an Radrennfahrern zu sehen. Die Zuschauer halten mich wahrscheinlich für genauso verrückt, weil ich bei glühender Hitze mit Riesenrucksack plus Fotoausrüstung zu Fuß unterwegs bin.
11. Tag: Caldas de Reis - Padron
Im Halbdunkel verlasse ich Caldas de Reis. Die Wegführung ist sehr angenehm und in Cruceiro bekomme ich für 1,50 € den größten cafe con leche, den ich bisher getrunken habe. Später treffe ich direkt neben der Autobahn eine ältere Frau mit einem mittelalterlichen Eselgespann. Der Kontrast könnte nicht größer sein. Für die etwa 20 km benötige ich rund 5 Stunden. In Padron angekommen gönne ich mir pimientos de padron, das sind grüne, ganz kleine ( maximal 5 cm große), geröstete Paprika. Das muss man probiert haben!
Tipp eines spanischen Kochs: Wenn man die Paprika im eigenen Garten zieht, darf man sie auf keinen Fall von oben gießen, weil sie sonst scharf werden.
Tipp eines spanischen Kochs: Wenn man die Paprika im eigenen Garten zieht, darf man sie auf keinen Fall von oben gießen, weil sie sonst scharf werden.
12. Tag: Padron - Santiago de Compostela
In Iria Flavia ist leider nicht viel zu sehen, es ist noch zu dunkel. Am Anfang geht es ein ganzes Stück an der mir wohlbekannten N 550 entlang. Später wird es besser und es kommen einige sandige Abschnitte im Wald. Gegen 10.40 Uhr ist es soweit. Ich sehe die Türme der Kathedrale. Es sind nach Führer noch 5,8 km. Nach knapp einem km sind die Türme noch einmal kurz zu sehen. Dann geht es wieder in den Wald und zum Teil sehr steil abwärts. Zum Schluss tut es richtig weh. Noch etwa drei km und es sind keine Markierungen mehr vorhanden. Da ich schon mehrfach in Santiago war, weiß ich recht genau, wo ich hinlaufen muss. Was machen eigentlich Pilger, die zum ersten Mal hier ankommen? Ich darf noch einmal eine Bahnstrecke überqueren. Der Asphalt ist flüssig. Jetzt will ich nur noch ankommen. Gegen 12.00 Uhr ist es geschafft. Nach etwa 70 Stunden Laufen bin ich nach knapp 250 km gut angekommen.